Am Montag beim Konzert von Europe: Der Klangteppich legt sich um mich wie ein weicher warmer Umhang, der an genau den richtigen Stellen vom Tragen etwas ausgebeult ist. Oben auf der Bühne stehen diese fünf Musiker, die ich aus meinen frühen Teenager-Jahren so gut kenne: Ihre Poster hingen damals einige Jahre lang in meinem Zimmer, und ich glaube nicht, dass ich in meinem Leben ein anderes Rock-Album öfter gehört habe als The Final Countdown.
Als Europe 1987 mit eben diesem Album schlagartig berühmt wurden, war ich im besten Schwärm-Alter. Damals war Rockmusik noch neu und aufregend für mich; meine Eltern hörten nur Klassik. Europe hatte alles, was ich mir von einer Band wünschen konnte: schöne Melodien, rockige Rhythmen, hübsche Gesichter – und mit Joey Tempest einen strahlenden Frontmann mit toller Stimme. Ich kann mich noch gut an die Aufregung erinnern, mit der ich ihrem Auftritt in der Liederhalle in Stuttgart entgegenfieberte. Es war mein erster Konzertbesuch überhaupt.
Jetzt befinde ich mich also nach 28 Jahren wieder in einem Konzert von ihnen.
Die Bühne ist kleiner, das Publikum zum Großteil mit den Musikern gealtert. Das mittlere Alter steht ihnen gut, besser als so manchem Zuhörer. Zwischen die neuen Songs, die wieder härter und rockiger geworden sind, haben sie die alten Hits eingeflochten. Die Mischung sitzt. Mit jedem Lied ziehen sie mich mehr in ihre Musik und ihre Show hinein; ich lasse mich von den Tricks, den Posings und dem entwaffnenden Charme des etwas eitlen, dabei jedoch selbstironischen Frontmanns Tempest ebenso einwickeln wie von der Musik und den Lichteffekten.
Ein seltsames Gefühl holt mich ein, es spürt sich ein bisschen an als käme ich nach langer Zeit nach Hause.
Nach wirklich langer Zeit. Denn wie das Leben so spielt: Europe entwickelte sich in den Alben nach The Final Countdown musikalisch in eine andere Richtung als mein Musikgeschmack, die Poster verschwanden und wurden durch andere ersetzt. Dass sich die Band 1992 auflöste, bekam ich nur noch am Rande mit. Ihre Wiedervereinigung 2004 ging völlig an mir vorbei.
Bis Sonntag. Da lernte ich jemanden aus der Road Crew von Europe kennen und kam auf die Gästeliste fürs Konzert. Jetzt, wo ich diese Musik wieder höre, stelle ich fest, wie sehr ich sie all die Jahre vermisst habe. Dass sie zuletzt wieder härter geworden sind, gefällt mir. Musik ist auch ein zuhause. Und was für eins.
PS: Inzwischen haben Europe bei den diesjährigen Classic Rock Awards in der Rubrik „Comeback Of The Year“ gewonnen. Herzlichen Glückwunsch! Mehr zu den diesjährigen Classic Rock Awards: http://www.bbc.com/news/entertainment-arts-34785593